| Kapitel 2: Ko(s)misches Wetter
 
 Im vorangegangenen Kapitel habe ich die Astrologie, 
	um die es in dieser Schrift gehen soll, "psychologische 
	Astrologie" genannt, und dies hauptsächlich 
	damit begründet, daß Astrologie in erster 
	Linie eine Typologie menschlicher Charaktere sei. Dies 
	ist richtig, um die Art der Aussagen zu charakterisieren, 
	die astrologisch möglich sind. Astrologie hat 
	ihren Namen allerdings, wie gerade beschrieben, daher, 
	daß sie einen Zusammenhang herstellt zwischen 
	solchen Aussagen und der Stellung der Gestirne. Die 
	Kritik an der Astrologie bezieht sich nicht hauptsächlich 
	darauf, ob  ihre Typologie sich gut zur Beschreibung 
	menschlicher Empfindungs- und Verhaltensweisen eignet. 
	Kritisiert wird die Behauptung, daß bestimmte 
	Eigenschaften an der Stellung der Gestirne ablesbar 
	seien.
 
	
	Die Astrologie besteht, genau genommen, aus drei Elementen:Ich will daher jetzt präzisieren, wie dieser Zusammenhang 
	zwischen dem Wesen eines Menschen und der Stellung 
	der Gestirne gemeint ist, und außerdem, wie man 
	sich einen solchen Zusammenhang evtl. vorstellen ("erklären") 
	könnte.
 
 
	Der Grundgedanke der Astrologie
 
	Wenn man sich nicht unzulässiger Vereinfachungen 
	schuldig machen will, kann man heute allerdings noch 
	nicht definitiv festlegen, was Astrologie eigentlich 
	ist. Um dies festlegen zu können, müßte 
	man verstanden haben, worauf sie eigentlich basiert, 
	welcher Art Zusammenhang dieser "Zusammenhang 
	zwischen Kosmos und Bios" ist. Diese Frage können 
	wir aber (noch) nicht beantworten. Wir wissen bis heute 
	eigentlich nur eines (relativ) sicher: Es gibt einen 
	Zusammenhang zwischen der Stellung der Gestirne im 
	Moment der Geburt eines Menschen und den Charaktereigenschaften 
	dieses Menschen. Nach Meinung einiger führender 
	Wissenschaftler ist dies mittlerweile eine wissenschaftliche 
	Tatsache  - auch wenn wir nicht genau wissen, von welcher 
	Natur dieser Zusammenhang ist, wie wir uns also einen 
	solchen Zusammenhang erklären könnten. Ich 
	kann also hier nur ein Denkmodell vorstellen, ein Modell, 
	das allerdings zu einem gewissen Teil auch wissenschaftlich 
	abgesichert ist. 
	
	Ich beginne mit einer etwas abstrakt klingenden Definition: 
	
	Astrologie ist, in allgemeinster Form ausgedrückt, 
	die Deutung räumlicher Verhältnisse und zeitlicher 
	Abläufe in unserem Sonnensystem. Sie basiert auf 
	der Grundannahme, daß die sich aus solchen Verhältnissen 
	ergebenden Rhythmen in Zusammenhang stehen mit physikalischen, 
	biologischen und psychischen Abläufen in Organismen 
	auf der Erde. 
	
	Wenn ein Kind geboren wird, so die Überzeugung 
	der Astrologen, dann erfolgt die Geburt eingebettet 
	in solche kosmischen Rhythmen. Eine Geburt erfolgt 
	also nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt, sondern sie 
	erfolgt dann, wenn die Konstellationen passend sind. 
	Ein Zitat aus einem Buch des amerikanischen Arztes 
	Arnold LIEBER, der sich mit möglichen Einflüssen 
	des Mondumlaufs auf Organismen beschäftigt hat, 
	mag dies verdeutlichen: 
	
	"Schalentiere in Gezeitengewässern könnten 
	ihr Zeitmaß dem Gezeitenwechsel entnehmen, oder 
	sie könnten es auf andere Weise erhalten. Um die 
	Rhythmisierung durch die Gezeiten zu untersuchen, ließ 
	Dr. Brown für sein Labor in Evanston Austern von 
	der Küste Connecticuts einfliegen. Von den Austern 
	war bekannt, daß sie ihre Schalen bei Flut öffneten. 
	Im Laboratorium wurden die Versuchtsbedingungen so 
	sorgsam wie möglich überwacht. Keine äußeren 
	Einflüsse durften zu den Austern in ihre Seewasser-Behälter 
	gelangen. In der ersten Woche öffneten die Austern 
	ihre Schalen zu den Zeiten, während derer auf 
	ihren angestammten Bänken in Connecticut Fluten 
	eintraten. Sie setzten ihren gewohnten Rhythmus fort. 
	Nach Ablauf von zwei Wochen änderte sich allerdings 
	ihr zeitliches Verhalten. Nun öffneten sie ihre 
	Schalen, wenn der Mond im Zenith ihrer neuen Heimatstatt 
	in Illinois stand. Wäre Evanston eine Küstenstadt, 
	dann träte zu dieser Zeit die Flut ein." 
	 
	
	Wir haben hier ein solches Eingebettet-Sein in kosmische 
	Rhythmen. Wegen des Zusammenhangs von Mondstellung 
	und Gezeiten (siehe Abbild 1) steht uns dafür 
	allerdings auch eine naheliegende Erklärung zur 
	Verfügung. Erstaunlich ist aber, daß die 
	Austern als Zeitgeber nicht direkt auf den Wechsel 
	von Ebbe und Flut reagieren (einen solchen Wechsel 
	gab es in den Seewasser-Behältern ja nicht), sondern 
	auf die Stellung des Mondes.  
	
	Astrologen sind nun davon überzeugt, daß 
	in einer weit komplizierteren und weniger augenfälligen 
	Weise alle lebenden Organismen in die verschiedensten 
	kosmischen Rhythmen eingebettet sind, also nicht allein 
	in Rhythmen, die durch den Mond erzeugt werden (Gezeiten 
	) oder die durch die Stellung der Erde zur Sonne erzeugt 
	werden (Jahreszeiten). 
	
	Das Experiment von Dr. Brown zeigt, daß Organismen 
	auf "kosmische Auslöse-Reize" reagieren, 
	in diesem Fall auf die Stellung des Mondes. Der Astrologe 
	stellt nun folgende Arbeits-Hypothese auf: 
	
	Jeder Organismus reagiert auf kosmische Reize  gemäß 
	seiner "Art", gemäß seiner "Veranlagung": 
	eine Muschel anders als ein Rind und dieses anders 
	als ein Mensch. Und auch die Menschen reagieren, je 
	nach Veranlagung, unterschiedlich. Daß Menschen 
	auf kosmische Reize unterschiedlich reagieren, ist 
	plausibel, denken wir zum Vergleich an die Wetterfühligkeit, 
	die bei verschiedenen Menschen sehr verschieden ausgeprägt 
	ist. Ähnlich wie bei der unterschiedlichen Reaktion 
	auf elektromagnetische "Stürme" in der 
	Atmosphäre, die vermutlich für die Wetterfühligkeit 
	verantwortlich sind, kann man sich vorstellen, daß 
	bestimmte Organismen von dem einen kosmischen Reiz 
	eher aktiviert werden, von einem anderen eher gedämpft. 
	Und es ist ebenso denkbar, daß ein anderer Organismus 
	auf die gleichen Reize anders reagiert. (Für die 
	Austern ist es sinnvoll, auf den kosmischen Reiz "Mond 
	im Zenit" mit der Öffnung ihrer Schalen zu 
	reagieren.) 
	
	Durch Forschungen an der Universitäts-Frauen-Klinik 
	in München  wissen wir nun seit etwa einem Jahrzehnt, 
	daß bei einer Geburt der Fötus selbst durch 
	die Ausschüttung eines Hormons den Geburtsvorgang 
	einleitet. Auch Föten reagieren, ihrer Veranlagung 
	gemäß, unterschiedlich auf kosmische Auslöse-Reize: 
	Der eine Fötus reagiert vielleicht auf die Stellung 
	des Mondes im Zenith mit Aktivität, der andere 
	wird dadurch "beruhigt". Der dritte reagiert 
	vielleicht auf die Stellung von Mars im Zenith mit 
	Aktivität, und wenn er biologisch reif ist zur 
	Geburt, dann ist es vielleicht genau die Art von Aktivität, 
	die den Geburtsvorgang einleitet. Es wäre also 
	denkbar, daß bestimmte Konstellationen bestimmte 
	Föten zur Ausschüttung des geburtseinleitenden 
	Hormons anregen, in anderen Worten:  daß bestimmte 
	Konstellationen bei ganz bestimmten Föten (solchen 
	nämlich, die aufgrund ihrer Veranlagung auf diese 
	Reize "ansprechen") die Einleitung einer 
	Geburt "stimulieren". 
	
	Wir könnten nun Menschen in verschiedene Gruppen 
	einteilen: Eine Gruppe von Menschen, die geboren wurde, 
	als der Mond gerade im Zenit stand (vielleicht haben 
	solche Menschen ja etwas mit Austern gemeinsam...), 
	eine andere Gruppe, die geboren wurde, als der Mars 
	gerade im Zenit stand, usw. Jede dieser Gruppen hätte 
	etwas gemeinsam: eine "Sensibilität" 
	für den kosmischen Auslöse-Reiz des entsprechenden 
	Gestirns. Man könnte dann untersuchen, ob Menschen, 
	die eine solche "Sensibilität" teilen, 
	auch noch andere Ähnlichkeiten haben. 
	
	Wenn dem so wäre, dann würde das bedeuten, 
	daß ähnliche Menschen dazu tendieren, unter 
	ähnlichen Konstellationen geboren zu werden, weil 
	sie im Stadium des reifen Fötus durch ähnliche 
	Konstellationen dazu stimuliert werden können, 
	den Geburtsvorgang einzuleiten. Wenn aber ähnliche 
	Menschen dazu tendieren, unter ähnlichen Konstellationen 
	geboren zu werden, dann darf man umgekehrt beim Vorliegen 
	ähnlicher Konstellationen vermuten, daß 
	es sich auch um ähnliche Menschen handelt. Und 
	das ist die Überzeugung der Astrologen. 
	
	Ich möchte an dieser Stelle besonders hervorheben, 
	daß durch die Stellung der Gestirne nicht etwa 
	die Eigenheiten eines Menschen bestimmt (verursacht, 
	geprägt) werden. Die Eigenschaften eines Menschen 
	werden durch Vererbung und biologische Einflüsse 
	während der Schwangerschaft festgelegt. Aufgrund 
	dieser (durch die Vererbung und sonstige Einflüsse 
	festgelegten) Veranlagung reagiert er auf kosmische 
	Reize individuell, seiner Art gemäß. An 
	dieser Reaktion kann man ablesen, wer er ist: 
	
	Ein Mensch verrät seine Natur durch seine Vorliebe 
	für einen bestimmten Geburts-Augenblick. Das ist 
	der Grundgedanke der Astrologie. 
	
	Die Vorstellung, daß die Aussagemöglichkeiten 
	der Astrologie auf einer Sensibilität der Organismen 
	für kosmische Rhythmen beruhe, löst ein im 
	Zusammenhang mit der Astrologie häufig diskutiertes 
	Problem: Es geht um die Frage, ob es nicht eine zwingende 
	Konsequenz der Wahrheit der astrologischen Lehre wäre, 
	daß wir, daß unser Schicksal schon bei 
	der Geburt vollständig festgelegt sei (das Problem 
	der "Willensfreiheit"). Im Lichte der gerade 
	beschriebenen Vorstellung ist unser Leben zwar eingebettet 
	in kosmische Rhythmen, ist aber durch diese Rhyhtmen 
	nicht vollständig determiniert, genau so wenig 
	wie wir  durch den Tag-Nacht-Rhythmus in unserem Schlafverhalten 
	determiniert sind oder wie Winterschläfer durch 
	den Jahreszeiten-Rhythmus im Winter zum Schlafen determiniert 
	sind. Winterschläfer haben aber eine Neigung, 
	im Winter zu schlafen! - Auf diese Weise bekommt der 
	im ersten Abschnitt bereits zitierte Satz von THOMAS 
	VON AQUIN: "Die Sterne machen geneigt, sie zwingen 
	nicht", eine anschauliche Bedeutung.
 
 
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